Die globale Staatsverschuldung steuert auf ein bedenkliches Rekordniveau zu. Nach einer aktuellen Analyse des Internationalen Währungsfonds (IWF) wird die weltweite Verschuldung der Staaten bis zum Jahr 2029 erstmals die Marke von 100 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung überschreiten. Damit würde der Schuldenberg so hoch ausfallen wie seit 1948 nicht mehr.
Der Bericht wurde am Mittwoch im Rahmen der IWF-Herbsttagung in Washington vorgestellt und zeigt, wie unterschiedlich die Lage in den einzelnen Volkswirtschaften ist. Während einige Länder ihre Defizite allmählich abbauen, kämpfen andere mit einer dramatischen Ausweitung ihrer Schulden.
Schuldenstände weltweit auf Rekordkurs
Laut IWF-Ökonomen wird sich die durchschnittliche Verschuldung der Staaten in den kommenden vier Jahren weiter erhöhen. Besonders besorgniserregend ist, dass der Schuldenanstieg nicht allein auf Krisenmaßnahmen zurückzuführen ist, sondern zunehmend strukturelle Ursachen hat.
„In diesem Szenario würde die öffentliche Verschuldung auf den höchsten Stand seit 1948 steigen“, heißt es in dem Bericht. Schon heute machen die Verbindlichkeiten vieler Volkswirtschaften einen großen Teil ihrer jährlichen Wirtschaftsleistung aus. Die Organisation warnt vor einem gefährlichen Zusammenspiel aus hohen Zinskosten, schwachem Wachstum und steigenden Sozialausgaben, das viele Haushalte zusätzlich belastet.
Industrieländer als Haupttreiber der Verschuldung
Besonders stark betroffen sind laut dem Bericht die führenden Industrienationen. Länder wie die USA, China, Kanada, Großbritannien, Frankreich, Italien und Japan bewegen sich auf einem Pfad stetig wachsender Schulden. Trotz der Erholung nach der Pandemie und höherer Steuereinnahmen gelingt es diesen Volkswirtschaften kaum, ihre Haushalte zu konsolidieren.
Die USA weisen derzeit ein Haushaltsdefizit von rund 6,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) auf, während in Japan die Schuldenquote bereits über 260 Prozent liegt – der weltweit höchste Wert. Auch in der Eurozone bleiben viele Staaten über der von Brüssel geforderten 60-Prozent-Grenze.
Gleichzeitig gibt es Länder, die ihren Schuldenstand stabilisieren oder leicht senken konnten. Dazu zählen einige osteuropäische und lateinamerikanische Volkswirtschaften, deren Regierungen in den vergangenen Jahren striktere Haushaltsdisziplin eingeführt haben.
Zunehmende Risiken für Schwellenländer
Neben den Industrieländern geraten auch zahlreiche Schwellen- und Entwicklungsländer in eine gefährliche Lage. Der IWF warnt, dass 55 Staaten aktuell Schwierigkeiten haben, ihre Kredite zu bedienen, oder kurz vor einer Schuldenkrise stehen.
In vielen dieser Länder liegt die Verschuldung unter 60 Prozent des BIP, doch die Zinslast und der eingeschränkte Zugang zu neuen Finanzierungen verschärfen die Lage. Der Bericht betont, dass es nicht nur auf die Höhe der Schulden ankommt, sondern auf die Kosten ihrer Refinanzierung.
Ein IWF-Sprecher sagte dazu: „Es liegt nicht allein am Umfang der Schulden, sondern an ihrer Tragfähigkeit. Wenn die Zinskosten schneller steigen als das Wirtschaftswachstum, droht der Kollaps.“
IWF fordert Kurswechsel in der Haushaltspolitik
Der Fonds fordert Regierungen weltweit auf, ihre Finanzpolitik nachhaltiger zu gestalten. Ziel müsse es sein, langfristig tragfähige Haushalte zu schaffen und gleichzeitig Investitionen in Zukunftssektoren wie Bildung, Infrastruktur und Klimaschutz zu sichern.
Die Experten empfehlen eine Kombination aus moderater Steuererhöhung, effizienteren Ausgaben und gezieltem Schuldenabbau. Nur so könne verhindert werden, dass sich die Zinslast zu einem dauerhaften Wachstumshemmnis entwickle.
„Die Schulden sind in vielen Ländern schneller gewachsen als ihre Wirtschaft. Das ist ein Warnsignal, das ernst genommen werden muss“, mahnte die Chefökonomin des IWF bei der Vorstellung des Berichts.
Herausforderungen für kommende Jahre
Mit Blick auf die kommenden Jahre warnt der IWF, dass die Zinswende in den USA und Europa vielen Staaten zusätzlichen Druck auferlegt. Höhere Zinsen machen die Bedienung alter Schulden teurer – besonders für Länder mit hohem Fremdwährungsanteil.
Zudem steigen die Sozialausgaben in Folge alternder Bevölkerungen, während die Produktivität vieler Volkswirtschaften stagniert. Diese strukturellen Belastungen könnten die Schuldenquote weiter nach oben treiben und langfristig die finanzielle Stabilität des globalen Systems gefährden.Sollte sich der Trend fortsetzen, wäre die Weltwirtschaft bis 2029 mit einer Gesamtverschuldung von über 100 Prozent des globalen BIP konfrontiert – ein Wert, der historische Dimensionen erreicht.