Werkzeugmaschinenhersteller steht vor tiefgreifender Neuausrichtung
Die EMAG-Gruppe aus Salach zieht Konsequenzen aus der anhaltenden Krise der Werkzeugmaschinenindustrie und streicht 455 Stellen an ihren deutschen Standorten. Trotz zuvor eingeleiteter Effizienzprogramme und Investitionen in Automatisierung ist dieser Einschnitt nach Angaben des Unternehmens unvermeidbar.
Die Branche steckt seit Jahren in Turbulenzen. Nach Angaben des Verbands Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken (VDW) gingen die Auftragseingänge 2023 um 11 Prozent, 2024 um 19 Prozent und im ersten Halbjahr 2025 um weitere 5 Prozent zurück. Besonders betroffen sind Drehmaschinen und Bearbeitungszentren, deren Nachfrage deutlich unter dem Vorjahresniveau liegt.
Strukturelle Schwäche belastet das Marktumfeld
Der VDW spricht inzwischen von einer strukturellen Schwäche in der deutschen Werkzeugmaschinenindustrie. Während der Inlandsauftrag im ersten Halbjahr 2025 um 17 Prozent sank, stagnieren auch die internationalen Märkte.
Unternehmen versuchen, mit Kurzarbeit, Kapazitätsanpassungen und Prozessoptimierungen gegenzusteuern. Dennoch hat sich das Marktumfeld für viele Hersteller deutlich verschlechtert – ein Trend, der sich nach Einschätzung von Branchenanalysten auch 2026 fortsetzen könnte.
Internationale Einflüsse verschärfen die Lage
Auch im globalen Kontext zeigen sich deutliche Belastungen. Neue Zollmaßnahmen der USA, eine schwache Konjunktur in China sowie zurückhaltende Investitionen in Europa bremsen das Exportgeschäft. Für exportorientierte Unternehmen wie EMAG, die auf internationale Kunden angewiesen sind, erschwert dies die Auftragslage erheblich.
Hinzu kommt der technologische Wandel: Während viele Kunden auf Digitalisierung und Automatisierung setzen, fehlt in weiten Teilen der Industrie noch das Investitionsbudget, um diese Projekte umzusetzen. Die Folge ist ein Markt, der zwar Perspektive, aber wenig Liquidität bietet.
Frühzeitige Gegenmaßnahmen sollten Stabilität sichern
Die EMAG-Gruppe hatte bereits früh reagiert. Neben intensiver Kurzarbeit wurden Effizienzsteigerungen, Prozessoptimierungen und Investitionen in neue Technologien umgesetzt. Auch die Modernisierung bestehender Anlagen (Retrofit) und Automatisierungslösungen gehörten zum Maßnahmenpaket.
„Wir wollten die Organisation so flexibel aufstellen, dass sie den sich wandelnden Marktbedingungen standhält“, erklärte ein Unternehmenssprecher. Doch trotz aller Anstrengungen konnten die erhofften Erholungseffekte bislang nicht erzielt werden.
455 Arbeitsplätze fallen weg – Sozialplan in Vorbereitung
Die EMAG-Geschäftsführung hat bestätigt, dass in Deutschland 455 von insgesamt 1.509 Stellen gestrichen werden. Der Schritt erfolgt im Rahmen einer strukturellen Neuausrichtung, um das Unternehmen auf ein dauerhaft niedrigeres Auftragsniveau auszurichten.
Gemeinsam mit dem Betriebsrat wurde ein Sozialplan ausgearbeitet. Dieser sieht unter anderem die Gründung einer Transfergesellschaft vor, die betroffene Mitarbeiter beim beruflichen Neuanfang unterstützt. Ziel sei es, „den Übergang sozialverträglich zu gestalten und Perspektiven zu eröffnen“, so das Unternehmen.
Geschäftsführung betont Notwendigkeit der Entscheidung
Markus Clement, CEO der EMAG-Gruppe, unterstrich in einer Erklärung den Ernst der Situation:
„Die aktuelle Marktsituation zwingt uns zu schwierigen, aber notwendigen Entscheidungen. Wir müssen die Organisation an die geringeren Auftragsvolumina anpassen und gleichzeitig sicherstellen, dass wir handlungsfähig bleiben.“
Clement betonte, dass die Neuausrichtung nicht nur ein Reaktionsschritt, sondern auch eine Voraussetzung für die Zukunftssicherung des Unternehmens sei. „Unser Ziel ist es, die Wettbewerbsfähigkeit langfristig zu erhalten und für unsere Kunden ein verlässlicher Partner zu bleiben – auch in schwierigen Zeiten.“
Ein Branchenproblem mit Signalwirkung
Der Stellenabbau bei EMAG steht exemplarisch für die Lage der gesamten Werkzeugmaschinenbranche. Während Unternehmen wie DMG Mori, Trumpf oder Heller ähnliche Herausforderungen im Auftragseingang melden, zeigen sich strukturelle Ursachen: hohe Energiekosten, sinkende Margen und die schwächelnde Industrieproduktion in Europa.
Laut VDW bleibt die Branche der „konjunkturelle Seismograph des Maschinenbaus“. Wenn die Werkzeugmaschinenindustrie schwächelt, ist das oft ein Vorbote für eine breitere Abkühlung der industriellen Nachfrage.
Anpassung als Überlebensstrategie
Die Geschäftsführung von EMAG sieht die Restrukturierung als notwendigen Schritt, um die eigene Position im internationalen Wettbewerb zu sichern. Der Fokus soll künftig verstärkt auf Technologieentwicklung, Automatisierung und Nachhaltigkeit liegen. Damit will sich das Unternehmen auf jene Marktsegmente konzentrieren, die trotz der Krise Wachstumspotenzial bieten.
Gleichzeitig setzt EMAG auf effizientere Prozesse, um auf Auftragsschwankungen flexibler reagieren zu können. Das Unternehmen signalisiert, dass nach Abschluss der Neuausrichtung keine weiteren Einschnitte geplant seien – vorausgesetzt, die Marktbedingungen stabilisieren sich.