Wylfa wird Zentrum der neuen Energieära
Mit der Entscheidung für den Standort Wylfa auf der Insel Anglesey in Nordwales schlägt Großbritannien ein neues Kapitel seiner Energiegeschichte auf. Die Regierung hat offiziell den Bau des ersten britischen Small Modular Reactor (SMR) angekündigt – einer kompakten Reaktortechnologie, die als schneller, sicherer und kostengünstiger gilt als herkömmliche Großkraftwerke.
Premierminister Keir Starmer bezeichnete das Vorhaben als „Neustart der britischen Energiewende“. Großbritannien sei entschlossen, wieder „Weltspitze in der Kernenergie“ zu werden. Der Schritt gilt als Symbol einer neuen industriellen Aufbruchsstimmung, die das Land unabhängiger von fossilen Importen machen und zugleich Tausende Arbeitsplätze schaffen soll.
Rolls-Royce liefert das Herz der Anlage
Den technischen Kern des Projekts bildet ein von Rolls-Royce SMR entwickelter Reaktor, der durch modulare Bauweise schneller errichtet werden kann als traditionelle Anlagen. In Wylfa sollen gleich drei dieser Reaktoren entstehen, die gemeinsam 1.440 Megawatt Strom erzeugen – genug, um 1,5 Millionen Haushalte zu versorgen.
Die Regierung investiert 2,5 Milliarden Pfund (rund 2,8 Milliarden Euro) in die Umsetzung. Das Projekt soll bis zu 3.000 qualifizierte Arbeitsplätze schaffen und als Modell für den Aufbau weiterer Standorte im Land dienen. Der Baubeginn ist für Ende des Jahrzehnts vorgesehen, die Inbetriebnahme für die 2030er-Jahre.
Chris Cholerton, CEO von Rolls-Royce SMR, sprach von einem „Jahrhundertprojekt für saubere Energie“. Er erklärte: „Wylfa wird das Fundament einer neuen Generation britischer Kernenergie – ein Standort, der Innovation, Sicherheit und Nachhaltigkeit vereint.“
Nordwales erlebt industrielle Wiedergeburt
Die Wahl des Standorts ist kein Zufall. Wylfa blickt auf eine lange Atomtradition zurück: Schon in den 1960er-Jahren wurde dort Energie produziert, bevor das alte Kraftwerk 2015 stillgelegt wurde. Nun soll die Region wieder zum Energiezentrum Großbritanniens aufsteigen.
Die walisische Premierministerin Eluned Morgan bezeichnete die Entscheidung als „Meilenstein für die Zukunft unseres Landes“. Sie betonte: „Wales wird wieder eine führende Rolle in der Energieproduktion Europas spielen – mit sicheren Jobs und stabiler Energieversorgung für kommende Generationen.“
Auch die britische Nuclear Industry Association reagierte positiv. Geschäftsführer Tom Greatrex erklärte, der Standort Wylfa biete eine „einmalige Chance, saubere Energie zu erzeugen und gleichzeitig eine ganze Region wirtschaftlich zu revitalisieren“.
Suche nach weiteren Atomstandorten läuft
Parallel zum SMR-Projekt hat die staatliche GB Energy Nuclear den Auftrag erhalten, bis Herbst 2026 geeignete Standorte für großskalige Reaktoren zu finden. In Frage kommen auch Regionen in Schottland, obwohl dort Widerstand gegen Atomkraft besteht.
Das neue Programm soll langfristig die alternde britische Reaktorflotte ersetzen. Aktuell stammen nur rund 14 Prozent des britischen Stroms aus Kernenergie, und mehrere Anlagen – darunter Bradwell, Dungeness und Sizewell A – wurden bereits endgültig stillgelegt.
Mit der Kombination aus modularen Reaktoren und neuen Großprojekten wie Hinkley Point C oder Sizewell C will die Regierung den Energieanteil aus Atomkraft deutlich ausweiten. Experten sprechen bereits von einem „zweiten goldenen Zeitalter der britischen Kernenergie“.
Klare Worte aus London
Energieminister Ed Miliband erklärte: „Großbritannien entscheidet souverän über seine Energiezukunft. SMRs sind kein Kompromiss, sondern ein Fortschritt – eine Technologie, die wir beherrschen und exportieren können.“
Die Regierung betont, dass das Projekt in Wylfa nicht nur Energiepolitik, sondern Industriepolitik sei. Mit der Serienfertigung modularer Reaktoren will sie technologische Führerschaft aufbauen und weltweite Exportmärkte erschließen.
Wylfa als Symbol des Aufbruchs
Mit dem Start des SMR-Programms steht Großbritannien am Beginn einer neuen Energieära. Der Reaktor in Wylfa ist mehr als ein Infrastrukturprojekt – er ist ein Symbol für Wiederaufbau, Innovation und nationale Souveränität.Premierminister Starmer brachte es auf den Punkt: „Wir holen uns die Zukunft der Energie zurück – sicher, sauber und britisch.“