Italienische Holding erreicht Dreiviertelmehrheit
Die von Pier Silvio Berlusconi geführte Mediengruppe MediaForEurope (MFE) hat nun mehr als 75 Prozent der Anteile an der ProSiebenSat.1 Media SE erworben. Damit sichert sich die Holding der Berlusconi-Familie die vollständige Kontrolle über den deutschen Fernsehkonzern. MFE teilte mit, dass die Beteiligung nach einer intensiven Nachkaufphase auf 75,61 Prozent gestiegen sei.
Bereits im März hatte das Unternehmen angekündigt, eine Mehrheitsübernahme anzustreben. Nach Ablauf der ersten Angebotsfrist Mitte August lag der Anteil zunächst bei 43,6 Prozent. Anschließend erhöhte MFE die Beteiligung, unter anderem durch den Kauf des Pakets von 15,7 Prozent, das zuvor dem tschechischen Großaktionär PPF gehörte.
Zugang zu Umsätzen und Gewinnen
Mit einer Mehrheit von über 50 Prozent war es MFE bereits möglich, Umsätze und Gewinne des deutschen Konzerns in die eigene Bilanz aufzunehmen. Durch das Überschreiten der 75-Prozent-Marke eröffnen sich nun weitere Möglichkeiten: Ein sogenannter Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag wäre rechtlich umsetzbar. Damit könnte MFE direkten Zugriff auf die Finanzmittel von ProSiebenSat.1 erhalten und tiefgreifendere Eingriffe in die Unternehmensstrategie vornehmen.
Ausbau zu einer europäischen Mediengruppe
Die Berlusconi-Holding verfolgt schon seit mehreren Jahren das Ziel, eine europäische Medienallianz zu schaffen. Neben ihren Aktivitäten in Italien und Spanien soll nun auch Deutschland ein zentraler Baustein dieses Projekts werden. Seit 2019 hat die Familie Berlusconi ihren Anteil an ProSiebenSat.1 sukzessive erhöht und damit ihre strategische Ausrichtung deutlich gemacht.
„Wir wollen ProSiebenSat.1 noch stärker am deutschen Publikum ausrichten und das Programm weiterentwickeln“, erklärte Pier Silvio Berlusconi in einem Gespräch mit Medienstaatsminister Wolfram Weimer.
Mehr Inhalte für deutsches Publikum
Nach Angaben des Unternehmens sollen Nachrichten, Unterhaltung und Eigenproduktionen künftig einen größeren Stellenwert im Programm von ProSiebenSat.1 einnehmen. Ziel sei es, die Zuschauerbindung im deutschen Markt zu verstärken und die Relevanz der Senderfamilie zu sichern.
Auch wenn strukturelle Änderungen möglich sind, betonte Berlusconi, dass die Arbeitsplätze beim Sender erhalten bleiben sollen. Damit versucht die Holding, die Befürchtungen der rund 7.000 Mitarbeiter des Konzerns zu zerstreuen.
Bedeutung für den deutschen Medienmarkt
Die Übernahme durch MFE hat weitreichende Folgen für die deutsche Medienlandschaft. ProSiebenSat.1, das neben ProSieben und Sat.1 auch zahlreiche Spartensender sowie eine Digitalplattform betreibt, gehört nun vollständig zu einem internationalen Konzern. Dies könnte neue Synergien, aber auch Konflikte mit sich bringen, etwa bei der Ausrichtung der Inhalte oder bei politischen Fragen der Medienvielfalt.
Mit der Dreiviertelmehrheit hat die Berlusconi-Familie nun faktisch freie Hand, die Zukunft des Münchner Konzerns nach eigenen Vorstellungen zu gestalten.