Versichertendaten zeigen besorgniserregende Entwicklung
In Deutschland ist der Anteil der Kinder und Jugendlichen mit Sprach- oder Sprechstörungen seit 2008 um 77 Prozent gestiegen. Laut einer Analyse der Kaufmännischen Krankenkasse (KKH) waren im Jahr 2023 insgesamt 8,6 Prozent der Sechs- bis 18-Jährigen betroffen. Diese Zahlen basieren auf der ICD-Diagnose F80, die Entwicklungsstörungen der Sprache umfasst.
Besonders auffällig ist die Zunahme bei Grundschulkindern: Fast jedes sechste Kind zwischen sechs und zehn Jahren weist Sprachauffälligkeiten auf. Ein Sprecher der KKH betonte: „Die Entwicklung ist alarmierend und zeigt, wie wichtig frühzeitige Förderung ist.“
Grundschulkinder am stärksten betroffen
Die Altersgruppe der Sechs- bis Zehnjährigen ist besonders gefährdet. 15 bis 16 Prozent dieser Kinder leiden an sprachlichen Entwicklungsstörungen – ein Rekordwert im Vergleich zu früheren Jahren. Dabei zeigen sich auch geschlechtsspezifische Unterschiede: Jungen sind deutlich häufiger betroffen als Mädchen, was auf biologische und entwicklungsbedingte Faktoren hindeutet.
Digitale Medien verringern Sprachkontakt
Fachleute sehen im veränderten Medienverhalten der Familien einen zentralen Auslöser. Der KKH-Sprecher erklärt: „Vielen Kindern fehlen alltägliche sprachliche Reize wie Vorlesen oder Gespräche mit Eltern.“ Der exzessive Konsum von Smartphones und Tablets verdrängt oft die direkte sprachliche Interaktion. Damit geht ein wichtiges Fundament für den Spracherwerb verloren – insbesondere im Kleinkindalter, das für die Sprachentwicklung entscheidend ist.
Weitere Auslöser: Hörprobleme und seelische Belastung
Neben dem Medienkonsum spielen auch körperliche und psychische Faktoren eine Rolle. Hörstörungen, genetische Veranlagung, aber auch traumatische Erlebnisse können die Sprachentwicklung hemmen. Experten verweisen auf eine zunehmende Zahl belasteter Kinder, bei denen Sprachprobleme ein Symptom tiefer liegender Probleme sein könnten.
Frühzeitige Förderung wird immer wichtiger
Experten fordern intensivere und frühere Sprachförderung – nicht erst in der Schule, sondern bereits im Kleinkindalter. In einer Stellungnahme der KKH heißt es: „Die ersten Lebensjahre sind entscheidend für die Sprachentwicklung. Eltern und Betreuungseinrichtungen müssen hier gezielt ansetzen.“ Maßnahmen wie regelmäßiges Vorlesen, gemeinsames Spielen und bewusste Gesprächsführung gelten als zentrale Bausteine.