Stärkster Produktionsrückgang seit Monaten
Die Industrieproduktion in Deutschland ist im Juni 2025 um 1,9 Prozent eingebrochen – und damit deutlich stärker als von Analysten prognostiziert. Erwartet worden war ein Minus von rund einem Prozent. Bereits im Mai hatte sich die Lage verschlechtert, sodass für das gesamte zweite Quartal ein Produktionsrückgang von rund einem Prozent verzeichnet wird. Damit ist klar: Die deutsche Industrie steckt nicht nur in einer Schwächephase, sondern befindet sich faktisch in einer ausgeprägten Rezession.
Die Bedeutung dieser Entwicklung ist enorm, da insbesondere industriestarke Bundesländer wie Rheinland-Pfalz – Sitz von Konzernen wie BASF – besonders betroffen sind. Die Hoffnungen auf eine zügige Erholung erweisen sich damit als voreilig.
Bruttoinlandsprodukt mehrfach nach unten korrigiert
Noch schwerer wiegt, dass das Statistische Bundesamt seine früheren Daten mehrfach revidieren musste. Die ursprünglich prognostizierte „Wellblech-Konjunktur“, bei der sich Wachstum und Rückgänge abwechseln, ist durch diese Korrekturen zu einer anhaltenden Negativentwicklung geworden. Laut der Nachrichtenagentur Bloomberg sprechen Ökonomen inzwischen von einer „fetten Rezession“. Frühere Lichtblicke, etwa durch vorgezogene Käufe wegen befürchteter US-Zölle, konnten die strukturellen Probleme nicht überdecken.
Breite Branchenkrise: Prognosen werden zurückgenommen
Besonders alarmierend: Eine Vielzahl bedeutender Industrieunternehmen musste zuletzt ihre Geschäftsprognosen für 2025 senken. Betroffen sind unter anderem:
- die Automobilhersteller Audi und Porsche
- die Chemieriesen BASF und Brenntag
- der Logistik-Konzern Jungheinrich
- der Stahlproduzent Salzgitter
- sowie die Pharmariesen Beiersdorf und Merck
Dass so unterschiedliche Branchen gleichermaßen betroffen sind, zeigt die tiefgreifende konjunkturelle Schwäche, die derzeit alle industriellen Kernbereiche durchzieht.
Ökonomen warnen vor weiteren Rückschlägen
Ökonomen sehen kaum Anlass zur Hoffnung. Carsten Brzeski, Chefvolkswirt Deutschland der ING, erklärt: „Die heutigen Daten zur Industrieproduktion sind ein kalter Schauer für unsere lange gehegte Erwartung, dass sich die deutsche Industrie zumindest konjunkturell erholen wird.“ Er sieht die Talsohle noch nicht erreicht. Auch die Politik, die bisher auf eine baldige Stabilisierung hoffte, steht zunehmend unter Druck, realistische Szenarien zu formulieren und rasche Gegenmaßnahmen zu ergreifen.
Wirtschaftspolitik vor neuer Herausforderung
Mit dem erneuten Einbruch der Produktion und der Breite der betroffenen Branchen steht auch die deutsche Wirtschaftspolitik vor einem Wendepunkt. Industriearbeitsplätze, Lieferketten und Innovationsstandorte geraten zunehmend unter Druck. Die Diskussion um Investitionsanreize, Steuererleichterungen und Standortbedingungen dürfte damit in den kommenden Monaten weiter an Schärfe gewinnen.