Tausendfacher Betrug mit Sprach- und Integrationsnachweisen in Deutschland
In Deutschland sind Sprachzertifikate und Integrationskurse zentrale Voraussetzungen für Jobs, Aufenthaltsgenehmigungen und Einbürgerungen. Doch aktuelle Recherchen decken auf: Tausende gefälschte Dokumente befinden sich im Umlauf. Mit diesen Zertifikaten können Personen sich nicht nur berufliche Vorteile erschleichen, sondern auch Sozialleistungen und die deutsche Staatsbürgerschaft erlangen – ohne jemals eine Prüfung absolviert zu haben.
Laut den Recherchen von Journalisten kursieren gefälschte Nachweise für Sprachlevel wie A1 bis C2 sowie für den obligatorischen Test „Leben in Deutschland“. Diese Zertifikate sind täuschend echt und wurden in den letzten Jahren vielfach bei Behörden eingereicht und akzeptiert.
Preise, Strukturen und das Geschäft dahinter
Die Fälschungen sind über soziale Medienplattformen wie TikTok erhältlich. Anbieter geben sich als Sprachschulen aus und bewerben ihre „Dienstleistung“ offensiv.
In einem Bericht heißt es wörtlich: „A1, A2, B1, B2, C1, C2. Ohne Schule. Ohne Prüfung.“ Die Preise bewegen sich zwischen 600 und 2.700 Euro, im Durchschnitt bei etwa 1.500 Euro. Besonders begehrt ist das B1-Zertifikat, das für Einbürgerungen und den Zugang zu Sozialleistungen notwendig ist. Manche Anbieter locken sogar mit Mengenrabatten, wenn gleich mehrere Zertifikate für Freunde oder Familienmitglieder bestellt werden.
Geliefert werden die Papiere per Kurier, oft schon binnen weniger Tage, wie verdeckte Recherchen zeigten.
Politische Reaktionen und scharfe Kritik
Die Enthüllungen riefen scharfe Reaktionen hervor. Wolfgang Kubicki (FDP) zeigte sich entsetzt: „Der in dieser Recherche erkennbare Umfang des massenhaften, rechtswidrigen Erschleichens der deutschen Staatsbürgerschaft stellt einen handfesten Skandal dar.“
Kubicki forderte von der Bundesregierung: „Ich erwarte, dass sämtliche Erkenntnisse offengelegt werden – insbesondere, ob sie von den Vorwürfen Kenntnis hat und welche Maßnahmen ergriffen werden sollen, um diesen Missbrauch zu beenden.“
Die Dimension des Betrugs wird von Insidern als außer Kontrolle beschrieben. Ein Polizist berichtete, er habe erlebt, dass eine Person 14 verschiedene Identitäten mit gefälschten Papieren nutzte, um mehrfach Leistungen zu beantragen. „Gefälschte Zertifikate sind keine Einzelfälle mehr, es ist inzwischen Standard“, so der Beamte.
Behörden unter Druck und Überforderung
Die deutschen Ausländerbehörden, ohnehin oft überlastet, stehen dem Problem weitgehend machtlos gegenüber. Ein Mitarbeiter aus Nordrhein-Westfalen erklärte: „Ein unerfahrener Angestellter wird nicht feststellen, dass daran etwas gefälscht ist. Er hat keine Chance.“
Die Spur der Fälschungen führt tief in die organisierte Kriminalität, die das Geschäft hochprofessionell betreibt. Die Behörden haben nach bisherigen Erkenntnissen keinen vollständigen Überblick über die tatsächliche Zahl der Betrugsfälle.
Allein im Jahr 2024 erhielten 291.955 Ausländer die deutsche Staatsbürgerschaft – ein Anstieg um 46 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Diese Zahlen verdeutlichen, wie brisant die aktuelle Entwicklung ist.
Auswirkungen auf Gesellschaft und Vertrauen
Sprach- und Integrationszertifikate sind nicht nur ein bürokratisches Erfordernis, sondern ein Schlüssel zur Integration. Wer ohne Sprachkenntnisse eingebürgert wird, hat es schwer, sich in Gesellschaft und Arbeitsmarkt einzufügen. Ein Polizist berichtete: „Bei Menschen mit gefälschten Dokumenten ist die Kommunikation oft nicht möglich. Wir versuchen es dann auf Englisch.“Damit wird nicht nur das Integrationssystem untergraben, sondern auch das Vertrauen der Bevölkerung in die Rechtsstaatlichkeit beschädigt. Experten warnen, dass der finanzielle Schaden für den Sozialstaat in die Milliardenhöhe gehen könnte.