Insolvenz von Segula Technologies zwingt Opel zu Neuausrichtung
Der Automobilkonzern Stellantis steht vor einem empfindlichen Einschnitt: Seine deutsche Tochter Opel verliert ihr traditionsreiches Testzentrum im hessischen Rodgau-Dudenhofen. Der langjährige Betreiber, das französische Ingenieurunternehmen Segula Technologies GmbH, hat nach gescheiterten Verhandlungen keinen neuen Investor gefunden und wird die Standorte Rodgau-Dudenhofen und Rüsselsheim schließen.
287 Beschäftigte verlieren Ende Oktober ihren Arbeitsplatz
Wie das Unternehmen mitteilte, erhalten 287 Mitarbeiter zum Monatsende Oktober die Kündigung. Ein kleines Restteam soll die Schließung der Testanlagen bis Jahresende 2025 organisatorisch begleiten. Für 82 langjährige Beschäftigte in Dudenhofen ist die Einrichtung einer Transfergesellschaft geplant, um ihnen berufliche Alternativen zu eröffnen und Qualifizierungsangebote zu ermöglichen.
Segula übernahm nach der PSA-Integration zentrale Opel-Aufgaben
Der französische Entwicklungsdienstleister Segula Technologies war nach der Übernahme von Opel durch die damalige PSA-Gruppe (heute Teil von Stellantis) mit großen Teilen der Fahrzeugentwicklung und Testabwicklung betraut worden. Das Unternehmen führte zahlreiche Projekte im Auftrag von Opel durch, bot seine Kapazitäten aber auch anderen Automobilherstellern an. Trotz umfangreicher Investitionen blieb die Auslastung offenbar unzureichend.

Traditionsstandort mit europäischer Bedeutung
Das Testzentrum Dudenhofen, eröffnet im Jahr 1966, zählt zu den größten und modernsten Anlagen seiner Art in Europa. Es umfasst neben Steilkurven, Rüttelstrecken und Schleuderfeldern auch modernste Prüfanlagen für Dauerbelastungstests. Jahrzehntelang galt das Gelände als Herzstück der Opel-Fahrzeugerprobung und Symbol deutscher Ingenieurskunst. Viele Fahrzeuge des Herstellers – von Klassikern bis hin zu neuesten Elektromodellen – wurden dort auf ihre Alltagstauglichkeit getestet.
Opel hält sich zu künftigen Plänen bedeckt
Das Areal bleibt weiterhin im Eigentum von Opel, doch zur Zukunft des Geländes äußerte sich der Konzern bislang nicht. Auch über eine mögliche Neuvergabe des Betreibervertrags gibt es noch keine konkreten Informationen. Branchenkreise halten es für denkbar, dass Stellantis mittelfristig einen neuen Technologiepartner sucht oder Teile der Testaktivitäten in andere Länder verlagert.
Insolvenz in Eigenverwaltung ohne Auswirkungen auf Holding
Die deutsche Tochter von Segula hatte bereits im Juli 2025 Insolvenz in Eigenverwaltung beantragt. Die übergeordnete Segula-Holding sowie deren Bereiche für Ingenieurdienstleistungen und Arbeitnehmerüberlassung sind von der Insolvenz nicht betroffen. Dennoch bedeutet der Rückzug aus Dudenhofen und Rüsselsheim einen herben Rückschlag für den Ingenieurdienstleister in Deutschland.
Bedeutung für die Region und Mitarbeiter ungewiss
Für die Region Süd-Hessen und insbesondere den Raum Rüsselsheim–Rodgau ist die Schließung ein schwerer Schlag. Jahrzehntelang bot das Testzentrum qualifizierte Arbeitsplätze und sicherte zahlreiche Zuliefereraufträge. Viele der betroffenen Beschäftigten waren seit Jahren oder gar Jahrzehnten Teil des Standorts. Ein Mitarbeiter, der anonym bleiben möchte, sagte: „Wir haben gehofft, dass Opel das Zentrum rettet. Niemand hätte gedacht, dass hier eines Tages die Lichter ausgehen.“Hintergrund: Opel und Stellantis im Wandel
Seit dem Zusammenschluss von PSA und Fiat Chrysler zu Stellantis befindet sich der Konzern in einer umfassenden Restrukturierung. Während Elektromobilität und Softwareentwicklung ausgebaut werden, geraten klassische Test- und Entwicklungsbereiche zunehmend unter Kostendruck. Die Schließung in Dudenhofen steht somit exemplarisch für den tiefgreifenden Wandel in der europäischen Automobilindustrie.