Die irische Billigfluggesellschaft Ryanair zieht die Notbremse: Wegen der von der Bundesregierung beibehaltenen Ticketsteuer streicht Europas größter Billigflieger 24 Flugverbindungen an neun deutschen Flughäfen. Besonders betroffen sind Berlin, Hamburg, Dortmund, Köln, Frankfurt-Hahn, Memmingen, Baden-Baden, Weeze und Leipzig. Damit verliert Deutschland einen erheblichen Teil seiner preisgünstigen Flugangebote – und steht nach Ansicht von Ryanair vor einem massiven Wettbewerbsnachteil.

Ryanair hatte bereits im August gewarnt, dass die von der Ampel-Regierung eingeführte Steuererhöhung den Luftverkehr in Deutschland „massiv belaste“. Nun folgt die angekündigte Konsequenz: 800.000 Sitzplätze werden im Winterflugplan 2025/2026 gestrichen.
Druck auf Bundesregierung wächst
Der Schritt ist ein deutliches Signal an die Politik. Laut CEO Eddie Wilson sei der Rückzug eine „direkte Folge des anhaltenden Unvermögens der Bundesregierung“, die im Mai 2024 eingeführte Erhöhung der Luftverkehrssteuer um 24 Prozent nicht rückgängig gemacht zu haben.
Ryanairs Marketingchef Dara Brady erklärte: „Es ist äußerst enttäuschend, dass die Regierung ihr Versprechen gebrochen hat, die schädliche Luftverkehrssteuer zu senken.“ Durch die gestiegenen Gebühren sei es unmöglich geworden, weiterhin wirtschaftlich zu operieren.
Die Fluggesellschaft kritisiert zudem, dass Passagiere in Deutschland bereits 55 Euro zahlen, bevor sie überhaupt an Bord gehen – durch eine Kombination aus Ticketsteuer, Sicherheits- und Flughafengebühren. Zum Vergleich: Der durchschnittliche Ticketpreis von Ryanair liegt bei 35 Euro, im europäischen Durchschnitt bei 49 Euro.
Neun Flughäfen verlieren Linienverbindungen
Insgesamt werden 24 Flugrouten gestrichen. Besonders drastisch trifft es kleinere Standorte wie Leipzig und Dortmund, die vorerst vollständig aus dem Ryanair-Netz fallen. Auch in Berlin entfallen Verbindungen nach Krakau, Brüssel und Tel Aviv.
Die Kürzungen im Überblick:
- Berlin: minus 5 Verbindungen
- Hamburg: minus 4
- Dortmund: minus 4
- Frankfurt-Hahn: minus 3
- Memmingen: minus 2
- Köln: minus 2
- Weeze (Niederrhein): minus 2
- Leipzig: minus 1
- Baden-Baden: minus 1
Ryanair reduziert die Zahl der stationierten Maschinen in Deutschland von 34 auf 29 – ein Rückgang um fast 15 Prozent.
Deutschland verliert im europäischen Vergleich
Nach Ansicht des Unternehmens hat sich Deutschland in den vergangenen Jahren zum Problemfall des europäischen Luftverkehrs entwickelt. Die steigenden Abgaben und Steuern hätten die Wettbewerbsfähigkeit im Vergleich zu anderen Ländern massiv geschwächt.
Während Irland, Spanien und Polen keine Luftverkehrssteuer erheben, hätten Schweden, Ungarn und Teile Italiens diese ganz abgeschafft. Das Ziel dort: den Tourismus fördern, Arbeitsplätze sichern und das Passagieraufkommen erhöhen.
Ryanair sieht Deutschland dagegen „als einen der am schlechtesten erholten Luftverkehrsmärkte Europas“. Nach internen Berechnungen liegt die Auslastung der deutschen Flughäfen zwölf Prozent unter dem Vorkrisenniveau von 2019.
Brady warnte: „Dieser völlig vermeidbare Verlust an Konnektivität hat gravierende Auswirkungen auf Arbeitsplätze und Tourismus. Wenn Deutschland seine Politik nicht ändert, wird der Luftverkehr hier weiter zurückfallen.“
Kostenexplosion durch Gebühren und Steuern
Der Konzern verweist auf die drastische Kostensteigerung an deutschen Flughäfen: Die Landegebühren seien seit 2019 von 5 auf 15 Euro gestiegen, die Sicherheitsgebühren von 10 auf 15 Euro. Zum Vergleich: In Lissabon zahlen Fluggesellschaften lediglich 1,80 Euro pro Passagier.
Brady sieht darin einen strukturellen Nachteil: „Solange Deutschland an seiner Gebührenpolitik festhält, ist Wachstum unmöglich.“
Die „exorbitanten Zugangskosten“, wie Ryanair sie nennt, hätten zur Folge, dass der Markt zunehmend von teuren Anbietern wie der Lufthansa dominiert werde. Dadurch drohe laut Ryanair ein „Hochpreis-Monopol, das Reisende zwingt, die höchsten Ticketpreise Europas zu zahlen“.
Wachstum nur bei Kurswechsel möglich
Trotz der scharfen Kritik signalisiert Ryanair Gesprächsbereitschaft. Sollte Verkehrsminister Patrick Schnieder Maßnahmen zur Kostensenkung einleiten, wolle die Airline in Deutschland massiv investieren.
Laut Unternehmensangaben wäre Ryanair bereit, 30 zusätzliche Flugzeuge im Wert von über drei Milliarden US-Dollar zu stationieren. Das Passagieraufkommen könnte so auf 34 Millionen Reisende jährlich verdoppelt und mehr als 1.000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden.
Wilson betonte: „Wir würden sofort investieren, wenn Deutschland endlich die strukturellen Fehler im Luftverkehrssektor behebt.“
Für den Moment jedoch bleibt die Realität bitter: Mit weniger Verbindungen, sinkender Auslastung und steigenden Preisen droht der deutsche Luftverkehr, den Anschluss an Europas Wachstumsmärkte endgültig zu verlieren.