In einer aktuellen Wendung der Ereignisse um die militärische Unterstützung für die Ukraine hat Bundeskanzler Olaf Scholz die Entscheidung getroffen, keine deutschen „Taurus“-Marschflugkörper an das von Russland angegriffene Land zu senden. Diese Entscheidung fußt auf der Befürchtung, Deutschland könnte durch die Lieferung solcher Waffensysteme in den Konflikt hineingezogen werden und somit Kriegspartei werden.
Ein klares Nein zur „Taurus“-Lieferung
Scholz erklärte, dass die Ukraine „zum jetzigen Zeitpunkt“ keine „Taurus“-Marschflugkörper von Deutschland erhalten soll. Diese Aussage machte er unter dem Vorbehalt, dass eine solche Handlung Deutschland in den Krieg verwickeln könnte. „Wir dürfen an keiner Stelle und an keinem Ort mit den Zielen, die dieses System erreicht, verknüpft sein“, betonte Scholz während der dpa-Chefredaktionskonferenz. Er fügte hinzu, dass diese Option daher nicht auf der Tagesordnung steht.
Scholz äußerte sein Erstaunen darüber, dass die Möglichkeit einer Kriegsbeteiligung durch deutsche Aktionen bei einigen keine Bedenken auslöst. „Diese Klarheit ist auch erforderlich“, sagte er, zwei Jahre nachdem Russland die Ukraine angegriffen hat.
Die Reichweite des „Taurus“ und internationale Bedenken
Der „Taurus“ KEPD 350, einer der modernsten Marschflugkörper der deutschen Luftwaffe, kann Ziele bis zu 500 Kilometer entfernt präzise treffen. In diesem Umkreis liegt auch Moskau, was die Sorge verstärkt, dass der Einsatz solcher Waffen direkte Angriffe auf russisches Territorium ermöglichen könnte.
Obwohl die Ukraine bereits im vergangenen Mai um die Lieferung dieser Marschflugkörper bat, um die russische Logistik hinter den Frontlinien zu treffen, und auch die politische Opposition in Deutschland sowie die Koalitionspartner der SPD, die Grünen und die FDP, größtenteils dafür sind, scheiterte ein entsprechender Beschluss im Bundestag.
Scholz‘ Skepsis und internationale Vergleiche
Hinter Scholz‘ Zurückhaltung steht die Sorge, dass durch den Einsatz von „Taurus“-Raketen russisches Territorium getroffen und Deutschland somit in den Konflikt gezogen werden könnte. Im Gegensatz zu Frankreich und Großbritannien, die ihre Marschflugkörper an die Ukraine liefern und spezifisch programmieren, betonte Scholz, dass Deutschland diese Vorgehensweise nicht adaptieren kann. „Was an Zielsteuerung und an Begleitung der Zielsteuerung vonseiten der Briten und Franzosen gemacht wird, kann in Deutschland nicht gemacht werden“, so der Bundeskanzler.
Der wahre Bedarf der Ukraine
Scholz äußerte sich auch irritiert über die Debatte um die „Taurus“-Raketen und betonte, dass der Ukraine vor allem Munition fehlt, nicht speziell diese Waffensysteme aus Deutschland. Trotz der Anstrengungen, die Lieferungen bei Munition zu erweitern, sieht Scholz die Notwendigkeit einer noch größeren Unterstützung.
Grundsätze der deutschen Unterstützung
Der Bundeskanzler erneuerte sein Versprechen, dass Deutschland alles tun werde, um eine Eskalation des Krieges zu vermeiden und keine deutschen Soldaten auf ukrainischem Boden zu haben. „Das ist eine Verantwortung, die die Regierung und ich als Kanzler vor den Bürgern haben“, betonte Scholz.
Die Meinung der Bevölkerung und die Notwendigkeit einer Debatte
Scholz wies darauf hin, dass ein Drittel der deutschen Bevölkerung skeptisch sei, ob Deutschland nicht bereits zu viel tue. Er plädiert für eine breitere Debatte über die deutsche Unterstützung für die Ukraine, um die Zustimmung der Bevölkerung für langfristige Hilfe zu sichern. „Wir müssen ja lange durchhalten“, sagte er, und betonte die Wichtigkeit, dass die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger überzeugt ist, dass das Engagement Deutschlands richtig ist.