Seit Ende Mai 2024 ist an deutschen Tankstellen eine neue Diesel-Alternative erhältlich: HVO100. Dieser paraffinhaltige Kraftstoff wird als umweltfreundlicher und kosteneffizienter als herkömmlicher Diesel beworben. Doch eine aktuelle Untersuchung der Deutschen Umwelthilfe (DUH) zeichnet ein völlig anderes Bild von HVO100 und wirft schwerwiegende Vorwürfe gegen den vermeintlichen Wunderkraftstoff auf.
Höhere Emissionen und Gesundheitsrisiken
Die Messungen der DUH zeigen alarmierende Ergebnisse: Der Einsatz von HVO100 führt zu einem um 20 Prozent höheren Ausstoß von Stickoxiden (NOx) im Vergleich zu herkömmlichem Diesel. Dr. Axel Friedrich, Leiter des Emissions-Kontroll-Instituts der DUH, erläutert die Gefahren: „Besonders problematisch ist, dass auch die ultrafeinen Partikel ansteigen. Diese sind besonders schädlich für die Gesundheit, weil sie tief in den Körper bis in die Blutbahnen eindringen.“ Die erhöhte NOx-Emission und die ultrafeinen Partikel können schwere gesundheitliche Schäden verursachen, insbesondere bei Menschen mit Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Zweifel an Herkunft und Herstellung
Ein weiterer Kritikpunkt der DUH ist die Herkunft der Rohstoffe für HVO100. Entgegen der offiziellen Darstellung, dass der Kraftstoff ausschließlich aus Reststoffen wie altem Frittieröl hergestellt werde, weist die DUH darauf hin, dass auch eigens angebaute Pflanzenöle, insbesondere Palmöl, verwendet werden. Dies steht im Widerspruch zu den Nachhaltigkeitsversprechen und hat erhebliche ökologische Konsequenzen. Der Anbau von Palmöl ist oft mit Abholzung, Verlust von Biodiversität und sozialen Problemen verbunden.
Zusätzlich zeigt die DUH auf, dass bei der Verbrennung von HVO100 genauso viel klimaschädliches CO₂ freigesetzt wird wie bei fossilem Diesel. Dies untergräbt die Behauptung, dass HVO100 eine umweltfreundlichere Alternative sei.
Forderungen an die Politik
Angesichts dieser alarmierenden Erkenntnisse richtet die DUH scharfe Kritik an Bundesverkehrsminister Volker Wissing. DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch fordert: „Volker Wissing muss aufhören, HVO100 mit falschen Behauptungen zu bewerben, und stattdessen seinen Einsatz für die saubere Luft und das Klima erhöhen.“ Resch fragt zudem, seit wann dem Minister die gesundheitlich problematischen Messwerte bekannt seien und warum diese Informationen nicht öffentlich gemacht wurden.
Die Umweltschützer betonen, dass HVO100 keine nachhaltige Lösung darstellt und fordern eine Überprüfung der politischen Unterstützung für diesen Kraftstoff. „HVO100 ist eine Scheinlösung, die bei der Verbrennung wie auch bei der Herstellung oft mit gravierenden Nebenwirkungen auf Klima und Biodiversität einhergeht“, so die DUH.
Die Einführung von HVO100 an deutschen Tankstellen sollte ursprünglich als umweltfreundliche Alternative zu herkömmlichem Diesel gefeiert werden. Doch die aktuellen Untersuchungen der Deutschen Umwelthilfe zeichnen ein besorgniserregendes Bild: Der Kraftstoff ist nicht nur gesundheitsschädlich durch höhere NOx-Emissionen und ultrafeine Partikel, sondern auch ökologisch fragwürdig durch den Einsatz von Palmöl und vergleichbare CO₂-Emissionen wie bei fossilem Diesel.
Es ist nun an der Politik, auf diese Erkenntnisse zu reagieren und den Einsatz von HVO100 kritisch zu überprüfen. Nachhaltige Lösungen für den Verkehrssektor müssen nicht nur umweltfreundlich, sondern auch gesundheitlich unbedenklich und sozial verträglich sein.