In einer bemerkenswerten Entwicklung hat das Bundesverwaltungsgericht in Kiel den Bau des umstrittenen LNG-Terminals vor der Insel Rügen aufgrund eines Eilverfahrens der Deutschen Umwelthilfe (DUH) vorläufig gestoppt. Dieser Beschluss, gefasst am 11. Januar, stellt einen bedeutenden Wendepunkt in der andauernden Debatte um Umwelt- und Klimaschutz in Deutschland dar.
Hintergrund des Baustopps
Im Zentrum der Kontroverse steht der Bau einer Anschlusspipeline für das Terminal, die unter der Ostsee und dem Greifswalder Bodden verlaufen sollte. Dieses Gebiet unterliegt normalerweise einem Bauverbot von Januar bis März, da hier die Heringslaichzeit stattfindet. Die Entscheidung des Gerichts, den Bau vorläufig zu stoppen, ist somit auch ein Schutz für das marine Ökosystem in dieser empfindlichen Phase.
Die Position der Deutschen Umwelthilfe
Sascha Müller-Kraenner, Geschäftsführer der DUH, betonte in einer Pressemitteilung den Sieg für den Natur- und Klimaschutz: „Der vorläufige Baustopp ist ein Etappensieg. Die gewonnene Zeit muss nun genutzt werden, das Projekt grundsätzlich zu überdenken. Es ist längst klar, dass das LNG-Terminal Rügen keinen Beitrag zur Versorgungssicherheit leisten wird, während die ökologische Belastung aus dem Projekt stetig wächst.“ Er forderte die Bundes- und Landesregierung auf, das Projekt endgültig zu beenden.
Deutschland und die LNG-Infrastruktur
Die Bundesregierung hat in Reaktion auf die ausbleibenden russischen Gaslieferungen infolge des Angriffs auf die Ukraine verstärkt auf Flüssiggas gesetzt. Dazu gehört auch der Bau von Infrastrukturen für LNG-Importe, wie das geplante Terminal vor Rügen. Obwohl diese Terminals einen signifikanten finanziellen Aufwand darstellen, tragen sie bislang nur geringfügig zu den deutschen Gasimporten bei.
Rechtliche Auseinandersetzungen
Die DUH hat mehrere Klagen gegen den Bau der LNG-Terminals eingereicht, wobei der jüngste Gerichtsbeschluss ihren ersten größeren Erfolg darstellt. Bisherige gerichtliche Auseinandersetzungen endeten häufig zu Ungunsten der Umweltschutzorganisation.
Bedenken hinsichtlich der Antragsunterlagen
Im Dezember hatte die DUH formellen Einspruch gegen das LNG-Terminal eingelegt. Sie kritisierte, dass die Antragsunterlagen unvollständige oder fehlende Analysen und Gutachten enthielten. „Die Betreiberfirma Deutsche Regas hat versäumt, Gefährdungsszenarien systematisch zu ermitteln. Auch die Maßnahmen zur Minimierung von Risiken sind lückenhaft“, äußerte Müller-Kraenner. Er bezeichnete die Nachlässigkeit in den Antragsunterlagen als erschreckend, insbesondere angesichts der Tatsache, dass die Terminalschiffe in der Nähe von Naturschutzgebieten und einem hochfrequentierten Fähranleger stationiert werden sollten.
Dieser vorläufige Baustopp des LNG-Terminals auf Rügen markiert einen wichtigen Moment im Kampf für den Umwelt- und Klimaschutz in Deutschland. Während die Bundesregierung bestrebt ist, die Energieversorgung des Landes zu sichern, betont dieser Fall die Notwendigkeit, Umweltaspekte und die Sicherheit der Bevölkerung in solchen Projekten zu berücksichtigen. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts sendet ein klares Signal aus: Umweltbelange können und dürfen in der Planung von Infrastrukturprojekten nicht ignoriert werden.