Wirtschaftliche Schieflage zwingt Konzern zu Sparmaßnahmen
Der Industriekonzern Wacker Chemie reagiert auf eine anhaltend belastete Ertragslage mit einem der größten Restrukturierungsprogramme seiner jüngeren Geschichte. Wie das Unternehmen mitteilte, sollen insgesamt 1.500 Arbeitsplätze wegfallen – ein Großteil davon an deutschen Standorten. Ziel sei es, die jährlichen Kosten um 300 Millionen Euro zu senken, wobei rund die Hälfte dieser Summe direkt aus dem Personalabbau resultieren soll.
Wacker beschäftigte Ende 2024 weltweit rund 16.600 Mitarbeiter, davon etwa 10.700 in Deutschland. Den aktuellen Plänen zufolge müssen somit mehr als zehn Prozent der Beschäftigten im Inland mit dem Verlust ihres Arbeitsplatzes rechnen. Der Schritt erfolgt in einer Phase, in der das Unternehmen tiefrote Zahlen schreibt und gleichzeitig unter strukturell hohen Kosten leidet.

Nettoverlust im dreistelligen Millionenbereich belastet Bilanz
Das Management verwies auf deutliche Verluste in den ersten neun Monaten des laufenden Jahres. Der gemeldete Nettofehlbetrag belief sich auf knapp 105 Millionen Euro, womit das Unternehmen weit von früheren Gewinnniveaus entfernt liegt. Vorstandschef Christian Hartel betonte, man müsse rigoros auf die Kostensituation reagieren, um wieder wettbewerbsfähig zu werden.
Er machte unmissverständlich klar: „Ziel ist es, durch die Einsparungen unsere Kosten auf ein wettbewerbsfähiges Niveau zu senken.“ Die Maßnahmen seien notwendig, um die Zukunftsfähigkeit des Konzerns sicherzustellen und die finanzielle Stabilität wiederherzustellen.
Wacker zählt zu den weltweit führenden Produzenten von Polysilizium, einem essenziellen Rohstoff für die Halbleiterindustrie. Darüber hinaus betreibt das Unternehmen umfassende Geschäftsbereiche in den Segmenten Polymere, chemische Spezialstoffe und Biotechnologie. Der größte Standort befindet sich weiterhin im oberbayerischen Burghausen, wo rund 8.000 Beschäftigte tätig sind.
Energiepreise und Bürokratie: Standort Deutschland im Fokus
Der Vorstand nahm die politische Rahmenlage in Deutschland scharf ins Visier. Hartel kritisierte ausdrücklich die hohen Strukturkosten am Heimatmarkt und erklärte: „Insbesondere am Standort Deutschland erweisen sich die viel zu hohen Energiepreise und bürokratische Hemmnisse weiterhin als zentraler Bremsklotz für eine erfolgreiche Entwicklung der chemischen Industrie.“
Die Energiekosten seien im internationalen Vergleich stark erhöht, was die Wettbewerbsfähigkeit heimischer Produzenten erheblich beeinträchtige. In Ländern wie China oder den USA liegen die Preise für Strom und Gas spürbar niedriger. Für ein energieintensives Unternehmen wie Wacker ist dieser Faktor zentral: Nach Unternehmensangaben verbraucht Wacker allein knapp ein Prozent des gesamten deutschen Stroms – trotz deutlich kleinerer Unternehmensgröße im Vergleich zu anderen Industriekonzernen.
Wirtschaftsverbände warnen vor industriepolitischer Erosion
Die geplanten Maßnahmen bei Wacker fallen in eine Phase, in der weite Teile der deutschen Industrie eine zunehmende Unzufriedenheit mit der Bundesregierung äußern. Der Hauptgeschäftsführer des Bayerischen Industrie- und Handelskammertags (BIHK), Manfred Gößl, wies darauf hin, dass die deutsche Wirtschaft insgesamt Monat für Monat Arbeitsplätze verliere.
Gößl formulierte es drastisch: „Monatlich verliert die deutsche Industrie rund 10.000 Beschäftigte, rund 2.000 davon bei uns in Bayern.“ Der Verband kritisierte, dass notwendige Strukturreformen seit Jahren ausblieben. Die Politik reagiere zu langsam auf wirtschaftliche Realitäten, während Unternehmen immer stärker unter Kosten- und Regulierungsdruck geraten.
Zudem leidet die deutsche Exportwirtschaft unter der Schwäche des US-Dollars und einer weltweiten Investitionszurückhaltung infolge geopolitischer Spannungen. Viele Kunden verschieben Bestellungen oder reduzieren Produktionsvolumina, was sich auch in den Auftragseingängen zahlreicher Industriefirmen bemerkbar macht.
Globaler Wettbewerbsdruck zwingt zum Handeln
Der internationale Wettbewerb im Bereich der chemischen Vorprodukte, Halbleitermaterialien und Prozesschemikalien hat sich zuletzt weiter verschärft. Hersteller in Asien und Nordamerika produzieren häufig zu deutlich niedrigeren Energiekosten, was sich unmittelbar in günstigeren Preisen niederschlägt. Für Wacker, das strategisch wichtige Rohstoffe für die globale Chipfertigung herstellt, wird der Kostendruck somit jederzeit spürbar.
Mit dem nun angekündigten Sparpaket versucht der Konzern, strukturelle Nachteile auszugleichen und seine Produktionskosten zu stabilisieren. Die Führung betonte, dass der Schwerpunkt auf effizienteren Prozessen, Standortanpassungen und ausgewählten Zukunftsinvestitionen liegen werde. Gleichzeitig solle die technologische Rolle des Unternehmens als Marktführer für Polysilizium gesichert bleiben.