Die Europäische Union steht kurz vor der Verabschiedung eines Lieferkettengesetzes, das für eine nachhaltigere und gerechtere Wirtschaft sorgen soll. Doch was auf dem Papier als ein lobenswerter Schritt hin zu mehr Verantwortung in den globalen Lieferketten erscheint, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als ein bürokratisches Monstrum, das insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) vor enorme Herausforderungen stellt.
Die Bürokratiefalle schnappt zu
Unter dem Deckmantel des Umwelt- und Menschenrechtsschutzes verlangt das geplante Gesetz von Unternehmen, ihre Lieferketten bis ins letzte Glied zu überprüfen und für deren Unbedenklichkeit zu garantieren. Dabei richtet sich der Fokus nicht nur auf Großkonzerne, sondern auch auf kleinere Betriebe, die mit der EU Handel treiben. Die Regelungen, die ursprünglich darauf abzielten, Missstände in „dreckigen“ Branchen zu bekämpfen, könnten sich als ein bürokratischer Alptraum für die gesamte Wirtschaft erweisen.
Ein Schlag ins Kontor kleiner Unternehmen
Die wohl größte Ironie des Vorhabens ist, dass es diejenigen, die es zu schützen vorgibt – kleinere Unternehmen und ihre Mitarbeiter –, in Wirklichkeit am härtesten trifft. Die Stiftung Familienunternehmen und Politik hebt hervor, dass selbst der Fahrradhändler um die Ecke, der in keiner Weise in globale Ungerechtigkeiten verwickelt ist, plötzlich mit einem Berg von Papierkram konfrontiert wird. Die Notwendigkeit, rechtlich verbindliche Auskünfte über die gesamte Lieferkette zu geben, wird für viele ohne kostspielige juristische Beratung unüberwindbar sein.
Die Kosten der Compliance: Eine untragbare Last
Ein anonymes deutsches Familienunternehmen, das weltweit 20.000 Lieferanten hat, bezifferte die Kosten für die Implementierung des Gesetzes auf zwei Millionen Euro – eine Summe, die für viele kleinere Betriebe schlichtweg existenzbedrohend ist. Dieser finanzielle Aufwand steht in keinem Verhältnis zum Nutzen, besonders angesichts der Tatsache, dass viele Unternehmen bereits strenge Standards hinsichtlich Menschenrechten und Umweltschutz einhalten.
Politische Zweifel und Widerstände
Innerhalb der EU und ihrer Mitgliedstaaten regt sich Widerstand gegen das geplante Gesetz. Deutschland, Italien und weitere Länder äußern Bedenken, während die FDP in Deutschland und die Unionsparteien gegenüber dem Vorhaben kritisch eingestellt sind. Die Skepsis reicht bis in die Reihen der Opposition, wo beispielsweise Friedrich Merz fordert, die Zustimmung Deutschlands zum Lieferkettengesetz zurückzuziehen. Dies verdeutlicht die Sorge um die praktische Umsetzbarkeit und die befürchtete Überregulierung.
Aufruf zur Besonnenheit
Es ist unbestritten, dass der Schutz von Menschenrechten und die Bewahrung der Umwelt imperative Ziele sind, die es zu verfolgen gilt. Doch das EU-Lieferkettengesetz in seiner aktuellen Form droht, diese Ziele durch einen Übermaß an Bürokratie zu untergraben. Statt Unternehmen zu unterstützen und zu fördern, die sich für eine bessere Welt einsetzen, zwingt es sie in ein Korsett aus Regulierungen, das Innovation hemmt und kleine Betriebe in ihrer Existenz bedroht.
Appell für Pragmatismus
Die Europäische Union steht an einem Scheideweg: Entweder sie überarbeitet das Lieferkettengesetz grundlegend, um seine Ziele ohne unnötige bürokratische Belastungen zu erreichen, oder sie riskiert, das Rückgrat ihrer Wirtschaft – die KMU – zu schwächen. Ein pragmatischer Ansatz, der sowohl die Notwendigkeit des Schutzes von Menschenrechten und Umwelt anerkennt als auch die Realitäten des Wirtschaftslebens respektiert, ist dringend geboten. Nur so kann sichergestellt werden, dass das noble Ziel eines gerechteren und nachhaltigeren Wirtschaftssystems nicht an der Bürokratie scheitert.