Bundestag beschließt umfangreiche Reform
Der Bundestag hat ein neues Wehrdienstgesetz verabschiedet. Ab 1. Januar 2026 soll die Reform greifen. Ziel ist eine deutliche Stärkung der Bundeswehr, die sich auf aktuelle sicherheitspolitische Herausforderungen einstellen muss. 322 Abgeordnete stimmten für das Gesetz, 252 dagegen. Der Bundesrat muss dem Vorhaben noch zustimmen.
Verteidigungsminister Boris Pistorius sprach von einem wichtigen Schritt für die Sicherheit des Landes. Er betonte: „Dieses Land, diese Demokratie verdient es“. Die Debatte sei notwendig gewesen, wie auch Proteste von Schülerinnen und Schülern am Abstimmungstag gezeigt hätten.
Freiwilliger Dienst mit Option zur Pflicht
Der neue Dienst soll zuerst freiwillig erfolgen. Reichen die Meldungen jedoch nicht aus, kann später eine Wehrpflicht in Teilen wieder aktiviert werden. Die genaue Ausgestaltung einer verpflichtenden Einberufung wird noch beraten. Die frühere Wehrpflicht war seit 2011 ausgesetzt.
Die Reform folgt einer sicherheitspolitischen Neuausrichtung seit Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine. Die Bundeswehr soll Handlungsfähigkeit und Personalstärke rasch ausbauen.
Große Ziele für die Truppe
Der Personalbestand der aktiven Soldatinnen und Soldaten soll von heute 183.000 bis 2035 auf 255.000 bis 270.000 anwachsen. Zusätzlich sollen 200.000 Reservistinnen und Reservisten bereitstehen. Derzeit wäre nur etwa die Hälfte davon kurzfristig verfügbar.
Zur Verbesserung der Auswertung verpflichtet das Gesetz das Verteidigungsministerium, dem Parlament ab 2027 zweimal jährlich Berichte über die Rekrutierungszahlen vorzulegen.
Start der Registrierung und Musterung
Ab 2026 erhalten alle 18jährigen Männer und Frauen eines Jahrgangs, rund 680.000 Personen, einen digitalen Fragebogen. Männer müssen antworten, Frauen dürfen freiwillig teilnehmen. Ab 1. Juli 2027 müssen alle Männer zur Musterung erscheinen.
Für die Umsetzung soll es bis Ende 2026 zusätzliche 24 Musterungszentren geben. Diese sollen zentrale Eignungstests, medizinische Untersuchungen und direkte Zuweisungen in einem Tag ermöglichen.
Zwei Wege in der Bundeswehr
Es wird klar zwischen aktiver Truppe und freiwilligem Dienst unterschieden.
- Aktive Soldatinnen und Soldaten: längere Ausbildung, unmittelbare Einsatzfähigkeit
- Freiwilliger Wehrdienst: mindestens 6 Monate, Fokus auf Wachaufgaben und Heimatschutz
Ziel ist es, den freiwilligen Dienst später als robuste Basis der Reserve zu nutzen.
Anreize für die freiwillige Teilnahme
Die Bundeswehr erhöht die Attraktivität spürbar. Der Sold steigt von ursprünglich etwa 1800 auf 2600 Euro brutto. Das entspricht rund 2300 Euro netto. Ab 12 Monaten Dienstzeit wird ein Führerschein mit 3500 Euro für PKW und 5000 Euro für LKW bezuschusst.
Weitere Vorteile:
- Unterkunft und Verpflegung kostenfrei
- Bahnfahrten in Uniform kostenlos
- Einsatz möglichst nahe am Wohnort
Die Bundeswehr hofft auf 20.000 neue Freiwillige pro Jahr ab 2026. Bis 2030 sollen es jährlich 38.000 sein, das entspricht fast jedem achten jungen Mann eines Jahrgangs.
Wiederbelebung von Ersatzdienst möglich
Sollte der freiwillige Zulauf ausbleiben, kann das Parlament eine Bedarfswehrpflicht einführen. Dabei würde eine Art Losverfahren entscheiden, wer eingezogen wird. Das Grundgesetz erlaubt weiterhin die Verweigerung des Kriegsdienstes. Im Falle einer Ablehnung folgt ein Ersatzdienst, vergleichbar mit dem früheren Zivildienst.
Infrastruktur muss wachsen
Die Bundeswehr kann den bevorstehenden Personalzuwachs nach aktuellem Stand noch nicht aufnehmen. Deshalb wird in neue Unterkünfte investiert. Bis 2031 sollen über 270 neue Kasernengebäude in sogenannter Modulbauweise errichtet werden. Die Kosten liegen bei 3,5 Milliarden Euro.
Öffnung für spätere Quereinsteiger
Auch ältere Bewerber können in vielen Bereichen ihren Beitrag leisten. Laut Bundeswehr sind Wechsel in zivile Laufbahnen grundsätzlich bis 50 Jahre möglich. Je körperlich fordernder die Tätigkeit ist, desto niedriger liegt die Altersgrenze.
Verbessertes Bild der Bundeswehr in der Gesellschaft
Die Reform fällt in eine Zeit, in der das Thema Landesverteidigung wieder stärker in das Bewusstsein vieler Menschen rückt. Für Pistorius steht fest: „Unsere Bundeswehr schützt auch die, die sie nicht ausrüsten wollen“. Der Minister sieht in der Neuregelung einen gesellschaftlichen Schulterschluss.
Gleichzeitig sorgt sich das Verteidigungsministerium um die Generation, die während der Pandemie aufgewachsen ist. Digitale Bildung, Werteverständnis und körperliche Fitness sollen während der Dienstzeit gestärkt werden. Der neue Dienst soll mehr sein als militärische Ausbildung. Er soll soziale Kompetenzen fördern und gesellschaftliches Engagement stärken.
Bisherige Zahlen zeigen klaren Trend
Der Bedarf ist enorm. Aktuell leisten nur etwa 12.000 junge Menschen pro Jahr freiwilligen Wehrdienst. Mit der Reform sollen die Zahlen innerhalb von fünf Jahren mehr als verdreifacht werden. Es ist geplant, die Rekrutierung transparent zu begleiten und regelmäßig nachzujustieren.
Die Herausforderungen der Bundeswehr bleiben erheblich. Doch die Richtung ist klar: mehr Personal, bessere Ausstattung, modernere Strukturen. Die Reform ist ein Schritt zu einer stärker auf Verteidigungsbereitschaft ausgerichteten Bundesrepublik.